Review Fair Work Frühstück mit Folgen I 31.10.24
Creativ Club Austria und designaustria luden zum „Frühstück mit Folgen“ und einer intensiven Diskussion über die fehlende Gleichstellung. Der Weg hin zu einer gerechteren und zukunftsorientierten Arbeitskultur erfordert eine Kombination aus politischen Maßnahmen sowie transparentem Austausch und das Bewusstsein von Männern, dass sie Gleichstellung ebenso aktiv angehen müssen wie Frauen.
Bei Kaffee und Croissants wurden Themen wie fehlende Gleichstellung, Gender Pay Gap, Male Gaze und die drohende Feminisierung der Kreativwirtschaft diskutiert.
Mit Unterstützung der Fachgruppe Werbung und Marktkommunikation Wien. Vielen Dank!
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Auszüge
Den Anfang machte Katharina Mader, Chef-Ökonomin des Momentum Instituts, mit einem wissenschaftlichen Impuls über den aktuellen Stand der Gleichstellung in Österreich.
Der Status Quo der Gleichstellung in Österreich 2024
Ihre Keynote einleitend, erläuterte Katharina Mader die sogenannte „Abwertungstheorie“: Sobald Frauen vermehrt in bestimmte Branchen drängen, verlieren diese oft an Wertschätzung und ihre Tätigkeiten werden abgewertet. Ein hoher Frauenanteil bedeutet daher häufig niedrigere Stundenlöhne. In Österreich sind Frauen in vielen schlecht bezahlten Branchen überrepräsentiert, während sich in den sogenannten „Männerberufen“ die größten Gender-Pay-Gaps zeigen. (…)
Mader schloss ihren Vortrag mit einem ernüchternden Ausblick: In den letzten 45 Jahren wurde der Gender-Pay-Gap um lediglich drei Prozentpunkte verringert. Bleibt die Entwicklung auf diesem Niveau, könnte es bis zu 400 Jahre dauern, bis vollständige Lohngleichheit erreicht ist.
„Am Ende des Tages hat man die Wahl zwischen ganzen Branchen, die abgewertet werden, oder einzelnen Frauen, die abgewertet werden“, betont Mader.
Von internen Werten zu externen Partnerschaften: Ganzheitliche Gleichstellung
Marcello Demner schilderte die Entwicklung bei DMB., wo Frauen insgesamt 57 Prozent der Belegschaft ausmachen und 52 Prozent der Exekutivpositionen – darunter auch Schlüsselrollen wie die der COO und CFO – besetzen. Durch diese Struktur entstehe, so Demner, ein Automatismus, bei dem Frauen Entscheidungen für Frauen treffen. Auf Mitarbeiterinnen-Initiative wurde zudem ein Code of Conduct – eine formelle Sammlung verbindlicher Verhaltensregeln – verfasst, den die Agentur demnächst auch anderen Agenturen zu Verfügung stellen wird.
„Wir müssen gemeinsam als Community – aber auch als Gesellschaft – einen Schritt nach vorne machen“, erklärt Demner. „Es gilt, sich stetig selbst zu reflektieren und einen offenen Austausch zu ermöglichen.“
Jana Frantal, selbstständig und im Kollektiv „Studio Sirene“ mit drei weiteren Frauen organisiert, brachte die Kraft gemeinschaftlicher Arbeit auf den Punkt: Dass alle Kundinnen und Kunden in einen „Topf“ geworfen und fair verteilt werden, stellt eine gleichwertige Zusammenarbeit sicher. Von großer Notwendigkeit ist für Frantal ebenfalls der Austausch: Nur indem man offen über Umstände und Herausforderungen – beispielsweise in Gehaltsfragen – spricht, lassen sich nachhaltige Veränderungen bewirken
„Frauen und Mütter sowie Personen mit Betreuungsaufgaben, die in den meisten Einzelunternehmen (EPU) tätig sind, sollten sich verstärkt in derartigen Kollektiven organisieren – eine Form der Zusammenarbeit, die noch zu wenig bekannt ist, aber großes Potenzial bietet. Das sollte längst ein Thema in der Wirtschaftskammer sein“, so Frantal.
Gerin Trautenberger (Vorsitzender der Kreativwirtschaft Austria (KAT)) betonte die Bedeutung struktureller und politischer Maßnahmen wie Gesetze und Förderrichtlinien. Auf europäischer Ebene gilt Diversität als unverzichtbarer Grundpfeiler – ein Ansatz, der Europa deutlich von Ländern wie den USA oder China unterscheidet. Ein positives Beispiel hierfür ist das EU Gender Equality Planning, das die Gleichstellung der Geschlechter in Gesellschaft und Wirtschaft vorantreibt. Österreich liegt in diesem Bereich jedoch zurück. (…)
Frauen sind in der europäischen Kreativbranche nach wie vor stark unterrepräsentiert, mit nur etwa fünf bis sieben Prozent in Führungspositionen. Besonders prekär sei die Situation von selbstständigen Frauen, ergänzt Kira Saskia Schinko. (…)
„Österreich ist ein gender-konservatives Land, das die volkswirtschaftlichen Auswirkungen der bestehenden Geschlechterungleichheit in der Arbeitswelt nicht ausreichend ernst nimmt. Die unbewusste Inkompetenz vieler Entscheidungsträger blockiert den Fortschritt total. Ein Appell an die nächste Regierung, Ministerien und Wirtschaftskammer muss sein, eine feministische Arbeits-Politik zu verfolgen“, so Schinko.
Die Feminisierung der Kreativwirtschaft
Zum fünften Mal präsentierten Letitia Lehner und Kira Saskia Schinko den Raum für Erregung. Diese Ausstellung markiert den Übergang von Daten, Fakten und Emotionen hin zu klaren Forderungen und gezielten politischen Schritten, um die Gleichstellung der Frauen in der Kreativwirtschaft voranzutreiben.
Wer sich in Bezug auf Gender Equality selbst testen möchte, kann dies über den Privilegientest „Gleichstellung – Wie weit sind wir?“ für kreativwirtschaftliche Unternehmen tun.
-> Mutter & Muße Podcast mit Kira Saskia Schinko
Text: Leisure
Fotos: Valerie Eccli